10. September 2006

Der Papst ist da!

Papst Benedikt XIV. besucht Deutschland, seine Heimat. Zehntausende werden den mal konservativen, mal reaktionären Predigten Joseph Ratzingers lauschen, Hunderttausende werden ihm am Straßenrand zujubeln. Danke dem Bayerischen Fernsehen, das fast jede Minute des mehrtägigen Besuchs live überträgt, werden Millionen jeden Schritt des alten Herren aus Rom folgen können. Ein paar Gedanken dazu...

Es wird schrecklich. Verkehrschaos, weil Zehntausende zum Marienplatz, wo sonst die Bayern die Meisterschaft feiern, pilgern werden, um zu beobachten, wie der Papst die Patrona bavariae um Fürbitte beim Herrn anfleht. Hier wird sich aufgestaute Marienfrömmigkeit mit deftigem bayerischem Lokalpatriotismus paaren, eine unangenehme Mischung. Dazu die Schicki-Micki-Prominenz Münchens, garniert mit CSU-Politikern, die einen Abend lang dienern üben.

Geschockt von nun schon ersten Tagen Papsthysterie um Sie herum, empfiehlt sich ein Abstecher ins Münchner Gasteig-Kulturzentrum: Dort erwartet Sie unter dem Motto "Heidenspaß statt Höllenqualen" eine religionsfreie Zone. Ein buntes Völkchen von Papst-, Kirchen- und Religionsverächtern wird seinen Protest gegen den Papstbesuch äußern. Dem Programm nach dürfte es etwa tausendmal lustiger zugehen als in der Umgebung des Papstes. In der "religionsfreien Zone" wird die bissige englische Cartoon-Serie "Popetown" gezeigt, die angeblich irgendwelche religiösen Gefühle verletzt haben soll, wie uns einige Oberkatholiken weismachen wollten.

Spass beiseite: "Papst goes Robbie Williams", irgendwie. Wer die Bilder vom gestrigen Empfang in München gesehen hat, wird vermutlich das Gefühl nicht los, dass da ein Popstar angekommen ist. Wobei die "Benedetto"-Rufe auch an die Stimmung in einem Fussballstadion erinnern. Ich werde die Vermutung nicht los, dass es den meisten anwesenden weniger um den Papst an sich geht, als vielmehr um das Massenerlebnis. Analog einer Love Parade oder einem Tokio Hotel Konzert. Massenhysterie vermitteln eine Art Gemeinschaftsgefühl. Der Papst ist der Anlass, die Party steht im Vordergrund. Daran gibt es ja grundsätzlich nichts zu mäkeln.

Nur, es besteht die grosse Gefahr, dass katholische Fundamentalisten diese positive Stimmung für Werbung ausnutzen. Vergessen wir nicht: Der Papst ist gegen die Verhütung, er akzeptiert auch keine gleichgeschlechtliche Liebe und seine Einstellung zu anderen Religionen ist auch nicht immer über alle Zweifel erhoben. So gesehen unterscheidet sich der Papst-Anlass kräftig von einem Konzert oder der Love Parade. Klar, auch da wird versucht, einem sinnlose Artikel wie koffeinhaltige Energy-Getränke oder super klebrige Haarsprays anzudrehen. Wobei ich mich lieber mal - völlig unüberlegt und in Feierlaune - für einen überteuerten Haarspray überreden lasse, als mir gleich ne neue Religion andrehen zu lassen. Obwohl ich ja eigentlich nicht einmal den wirklich gebrauchen kann...

Keine Kommentare: