4. September 2006

Trittst im Morgenrot daher...

Erinnern Sie sich noch an den vergangenen Fussball-WM-Sommer? Der Fussball und mit ihm die Schweizer Nati waren in aller Munde. Was es nicht alles gab... die rot/weissen Fähnli an den Autos, grosse Flaggen auf den Balkonen, Frauen mit gemaltem Schweizer Kreuz auf der Wange, Männer die all ihre Ferientage zusammegelegt hatten um die Spiele der Nati in Deutschland live mitverfolgen zu können.... So ziemlich jeder hier im Land war Schweiz- oder zumindest Köbi-Fan. Und wer er nicht war, wurde mit dummen Sprüchen eingedeckt und er sich gar die Frechheit herausnahm, einem anderen Land als der Schweiz zu helfen, der war eh gleich ein Landesverräter. Und ich rede da aus eigener Erfahrung!

Tja, am Samstag dann der erste Auftritt der Schweizer WM-Helden im eigenen Land. Man durfte ein Fussballfest erwarten, schliesslich war die Schweiz zwischen Juni und Juli zusammengerückt, ein einig Volk von Fussballfans. Der Gegner in Basel hiess Venezuela, südamerikanischer Fussball also. Die Tickets waren zu erschwinglichen Preisen, es gab sogar noch ein Versprechen für ein Schweiz -Brasilien-Ticket für Ende November.... hmmmm.... bloss, die Ernüchterung war riesengross am späten Samstag Nachmittag. Während bei Schweiz Togo in Dortmund 50'000 Eidgenossen vor Ort waren, kamen am Samstag gerade mal 12'500 Nasen nach Basel. Die Einschaltquoten des Schweizer Fernsehens ebenfalls massiv unter dem Durchschnitt.

Tja, wo sind sie geblieben all die Vorzeigefans? Alle die, welche während der WM plötzlich zu Patrioten mutiert sind? Alle die, für welche die Schweizer Nati "schon immer" das Grösste war? Nur so als Vergleich, die Partie England gegen Andorra (auch nicht der gerade DER attraktive Gegner) in Manchester wurde von 50 Tausend Fans mitverfolgt. Deutschland gegen Irland in Stuttgart ebenfalls ausverkauft, dazu ebenfalls 50'000 Fans auf dem Schlossplatz beim Public Viewing. Georgen - Fankreich 60'000 Fans. Weltmeister Italien gegen Littauen (ebenfalls ein Fussballzwerg) ausverkauft, 50'000 Zuschauer.... Und in der Schweiz: 12'500 Zuschauer, davon hunderte von Kindern und Sponsoren mit Gratiskarten.

Kein Wunder äussert sich Joel Magnin im Sonntagsblick wie folgt: "Eigentlich sollten die Leute wegen uns kommen" und Köbi National meint "ein paar mehr dürften es schon sein!" Für die Partie vom Mittwoch gegen WM-Teilnehmer Costa Rica in Genf sind gerade mal 7000 Karten verkauft worden. Trübe Aussichten also.

Es scheint, als sei es plötzlich doch nicht mehr soooooooo wahnsinnig cool, Schweiz Fan zu sein. Während der WM war es ja super, schliesslich waren alle anderen Leute ja auch plötzlich Fussballfan. Aber jetzt, wenn die grosse Masse nicht mehr mitzieht, da will man doch nicht lächerlich wirken. Die Geschäftsherren, welche 2000 Franken bezahlt haben um ein WM Spiel in Deutschland live zu sehen, die widmen sich nun lieber wieder dem Dailybusiness. Die Frauen, welche komplett rotweiss durchgestylt durch die Innenstadt gezogen sind, waren schon nach dem Ausscheiden der Schweizer plötzlich in grün-weiss-rot anzutreffen. Und die Kinder ziehen ein Ronaldinho-Shirt einem Vogel-Leibchen halt doch auch wieder vor.

Bleibt mein persönliches Fazit: die Schweiz ein Volk von Modefans und Windfahnen? Vermutlich ja, denn es hat sich ja schon in anderen Fällen gezeigt, dass der Schweizer zu begeistern ist, sofern die Masse mitzieht. Sich so ganz allein hinzustellen und "Hopp Schwiiz" zu rufen, ist nicht der Eidgenossen Sache. Denn schliesslich sind Fussballfans ja primitive, betrunkene Schlägertypen, über die man lieber lacht, als zu ihnen zu gehören.... ausser eben, man kann sich in der grossen Masse verstecken.

In diesem Sinne ein kräftiges "Allez les Bleus"! Auf das mich all die Modefans wieder mit bösen Blicken und dummen Sprüchen bestrafen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Tja fischer, was haben wir während der WM einige Male miteinander besprochen? Genau das. Ich freue mich wieder auf die Zeit, in der mir nicht meine Arbeitskollegin von vis-?-vis erklären will, weshalb die Schweiz nun gestern verloren habe, mich aber im gleichen Atemzug fragt, was denn ein 4-4-2 sei und seit wann die Schweiz ein farbiger Spieler in ihren Reihen habe... Die Schweiz ist definitiv ein Land von Modefans...