16. September 2010

Mörder auf Amrum - mehr davon

Es war ja wirklich ein Zufall, aber immerhin hat sich dieser Zufall ausbezahlt - kulturell gesehen. Ich wollte eigentlich auf ZDFneo nen Film aufnehmen, hab mich dann aber im Tag vertan und bin zufällig beim TV-Film "Mörder auf Amrum" gelandet. Ein genialer deutscher Film, mit sehr viel Schweizer Beteiligung... darum meine Hoffnung an dieser Stelle, dass sich SF eventuell nen Ruck gibt und den Film einem breiten Publikum vorstellt. 


Ich würde "Mörder auf Amrum" mal ganz plump als makaberen Nordsee-Western mit Coen-Einflüssen bezeichnen. Kein Plan obs sowas gibt, aber daran hat mich der Film erinnert, einen guten Spaghetti-Western aus früheren Tagen. Hinter dem Projekt steht unter anderem der Schweizer Filmemacher Markus Imboden (u.a. "Katzendiebe" oder "Komiker" mit Beat Schlatter), zusammen mit seinem Kumpel Holger Karten Schmidt ist es schon die vierte Zusammenarbeit der beiden. Kino.de schreibt über den Film:

So makaber wie diesmal haben sie es in den gemeinsamen Werken allerdings noch nie getrieben. Derart grimmiger Humor ist ziemlich selten im deutschen Fernsehen. Flapsig kontert der Polizist das Ultimatum des Geiselgangsters mit den Worten, er habe die gefangene Postbotin ohnehin noch nie leiden können. Als der Killer die Frau ohne großes Federlesen tatsächlich umbringt, stellt der Beamte später trocken fest, jetzt sei wenigstens das Briefgeheimnis wiederhergestellt. 

Dabei ist Polizist Helge Vogt alles andere als ein cooler Hund, der kaltblütig über Leichen geht. Eigentlich ist er sogar ein ziemlich unscheinbarer Held, ein einfacher Polizist auf der Nordseeinsel Amrum. Zur Story: Die russische Mafia will eine junge Moldawierin töten, die im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms auf der Insel untergetaucht ist. Die Killer kennen keine Gnade; zwei BKA-Beamte und Helges Chef haben sie schon auf dem Gewissen. Jetzt ist der junge Mann völlig auf sich allein gestellt: Einzig der Bestatter steht Helge zur Seite; gemeinsam nehmen sie den ungleichen und vorallem sehr blutigen Kampf auf. 

Das klingt ein bisschen nach einem normalen Krimi oder eben Western. Klar, bloss es kommt ein Faktor dazu, der den Film von anderen Streifen abhebt - nebem dem ziemlich schwarzen Humor. Auf der trostlosen Insel gibt es kein Entkommen, es kommt eine bedrohliche Enge auf. Um so skurriler mutet ein Dialog zwischen dem Chefkiller (Roeland Wiesnekker, ein Schweizer!) und dem Provinzpolizisten an, als der Gangster Amrum als "armselig" bezeichnet und sich Helge trotz grösster Bedrängnis erst einmal über die Beleidigung seiner Heimat aufregt und vom Killer eine Entschuldigung fordert. Die Figuren sind sowieso allesamt eher skurril und gut gespielt, neben Wiesnekker sind Leute wie Hinnerk Schönemann oder Barbara Rudnik an Bord. Eine besondere Erwähnung verdient dabei noch Irina Potapenko. Nicht nur weil sie wunderhübsch aussieht, sondern weil man ihr die Rolle der ängstlichen Flüchtlingsfrau auf Anhieb abkauft. Leider gibts von ihr bislang noch nicht allzu viele Filme zu sehen, eher kleine Produktionen, aber ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändert. Bei mir bleibt sie zumindest auf dem Radar.

Fazit: wer auf subtilen Humor, zünftige Schiessereien und interessante Landschaftbilder steht sollte sich "Mörder auf Amrum" unbedingt im Hinterkopf behalten. Die verschiedenen Ballereien hat der Schweizer Markus Imboden angemessen packend inszeniert, so dass sich zwischen spannendem Thriller und bitterschwarzer Komödie ein zusätzliches Spannungsverhältnis ergibt, nicht nur wegen der Parallelen zu "High Noon" und Co. Kurz, ein überaus reizvoller Nordsee-Western mit einem verblüffenden - naja nennen wir es mal so - Happy End.

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