2. Juli 2011

Bis dass der Tod euch scheidet

Innert weniger Tage trennen sich in meinem Umfeld irgendwie auf einmal alle von ihren PartnerInnen. Und da red ich nicht von etwelchen Kurzbeziehungen, nein, vermeindlich glücklich verheiratete Ehepaare die x Jahre zusammen waren, genau so wie Pärchen ohne Trauschein, schmeissen den Bettel hin. Allein gestern hab ich diesbezüglich 2 SMS Mitteilungen erhalten. Ich frag mich darum an dieser Stelle zum ersten Mal ganz öffentlich, nachdem ich mir die Frage in den letzten Tagen öfter für mich gestellt habe: was ist eine Liebesbeziehung eigentlich noch wert im Jahre 2011?

Vermutlich nichts mehr. Oder zumindest nur noch wenig. Denn, kommt zB eine neue, interessante Person um die Ecke, welche eingeschlafene Bedürfnisse aktuell gerade besser abdecken kann, dann lässt man den alten Partner kurzerhand sitzen. Oder gibts Diskussionen innerhalb der Beziehung, wird das schnell mal anstrengend und man macht lieber Schluss. Die tägliche Arbeit im Stollen nimmt in unserem ach so zauberhaften Schoggi-Land sehr viel Zeit in Anspruch, da hat eine intensive Beziehung keinen Platz mehr: das Aus! Miteinander reden und sich Problemen stellen scheint mir in der Gesellschaft 2011 sowieso nicht mehr aktuell zu sein, Unzufriedenheit oder Angst werden runtergeschluckt, es kommt irgendwann zur Explosion und die Liebe geht den Bach runter. Dank viel Geld hat man die Möglichkeit sich selber zu verwirklichen, was auch schön ist, aber oft stört da der Partner und man erfüllt sich die Träume im Alleingang. Das Sexleben wird mit den Jahren - Stress sei dank - bescheidener, ein Partner sucht den Kick und das wars... es gibt tausend Gründe Beziehungen zu beenden.

Warum? Weil es einfacher und bequemer ist Schluss zu machen, als an sich und der Beziehung zu arbeiten. Gemeinsam an ihr zu wachsen. So wie es uns unsere Eltern vielfach vorgemacht haben oder es immer noch tun. Und da wundert mich dann auch nicht mehr, was ich diese Woche zu den aktuellen Scheidungszahlen in der Zeitung gelesen habe. Erneut eine Zunahme. Weit mehr als die Hälfte aller Ehen werden geschieden, die Zeit von der Hochzeit bis zur Trennung wird immmer kürzer. Das verflixte 7. Jahr wird schon gar nicht mehr erst erreicht. Viel lieber sucht man sich einen der oben erwähnten Türoffner und verlässt die Partie um nach kurzer Zeit vielleicht zu merken, dass das Vergangene vielleicht gar nicht so schlecht war. Aber dann ist es ja eh schon zu spät und wer will sich in Zeiten von ganzjährigen, emotionslosen Maskenbällen und Prozac & Co. schon einen Gesichtsverlust leisten... huch, das wäre ja ein Zeichen von Schwäche!

Meine Meinung dazu? Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte. Mit Menschen und Gefühlen wird heute umgegangen wie mit Handys oder Spielsachen. Machts keinen Spass mehr oder funktionierts nicht mehr 100 % schmeisst man es weg oder tauscht es aus. Und ich sensibler, naiver Depp glaube tatsächlich weiterhin an DIE grosse, ewige, wahre Liebe - während um mich herum gerade überall beziehungstechnisch die Welt untergeht!

Der grosse Held meiner Jugend brachte die Sache mit der Liebe bereits im Jahr 86 mit einem Vers aus dem Song "Alles Lüge" auf den Punkt:

"Selbst wenn du mich fragst, ob ich dich liebe und ich sag ja,
weiß ich manchmal nicht genau, ist das nun Lüge oder wahr.
Weil ich oft gar nicht mehr weiß, was ist das: Liebe.
Liebt der Papa sein Auto, liebt die Mama den Kaffee?
Liebt das Baby seine Windeln, wie der Weihnachtsmann den Schnee?
Lieben Kinder Schokolade wie die Hausfrau den Herd?!
Oder ist da mehr, oder ist da mehr?
Oder ist das, oder ist das alles Lüge."


Aber es geht auch anders und auch das beweist, mein Freund im Geiste Rio, der Meister der deutschen Sprache. Es gibt sie, die grosse und endlose Liebe. Man muss nur an sie glauben, dafür kämpfen und sich darauf einlassen: "Für immer und dich!"

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

ein geniales manifest für die liebe nur wird es leider nichts verändern. zu sehr hängt das individum in der heutigen zeit an seiner "freiheit" um schliesslich irgendwann einsam zu sterben.

absolut_CH hat gesagt…

Sehr schöner Artikel, er spricht mir aus dem Herzen.

In der heutigen Gesellschaft ist Scheidung/Trennung akzeptiert und völlig normal, was ja auch gut ist, da es Situationen gibt, in denen es anders nicht geht. Aber dass es auch anders gehen würde, dass man Probleme lösen kann und miteinander weitergehen kann, wenn man denn will, geht vergessen. "Trotzdem" zusammenbleiben und "es" versuchen, ist oft gar keine Option, weil völlig out.

Meine Hoffnung ist, dass die Generation der "Scheidungskinder" auf Grund der gemachten Erfahrungen wieder einen Sinn dafür entwickelt, wie wertvoll es sein kann, nicht gleich aufzugeben.

Auch ich glaube immer noch an DIE wahre Liebe. Diese Liebe ist aber, denke ich, weniger ein Gefühl wie "Liebe auf den ersten Blick" sondern mehr eine Entscheidung. Natürlich ändert sich mit den Jahren alles, und es kommen Zeiten, wo man sich vielleicht verliebt in ein/n andere/n, aber wofür entscheide ich mich in dem Moment?

Frau Rossi hat gesagt…

Ach herjeh... Du sprichst mir aus der tiefsten Seele! Ich, die ich mich nach12 Jahren Ehe und 17 Jahren Partnerschaft getraut habe auszubrechen.

Ich glaube trotz allem an die Liebe!

Die Liebe eine Entscheidung für einen Menschen, komme was wolle. Oftmals ein täglicher Kampf.
Der Gewinn dabei ist aber, dass ich mein Leben mit dem Menschen verbringen darf, denn ich liebe. Mir ist das Belohnung genug...

Nur wenn gar kein Gefühl mehr da ist für den anderen, dann hilft nichts mehr, dann muß man auch loslassen können. Jeder weitere Versuch mit Rückschlag macht die Sache sonst nur noch schlimmer.

Ich glaube, ich weiß wovon ich spreche... leider!