8. August 2011

Meine Gasse

Unlängst bin ich mal wieder umgezogen. Back to the roots, nach Aarau - mitten in die Altstadt. Milchgasse nennt sich "meine" Gasse und ich gebs zu, sie hat es mir nach kurzer Zeit angetan. Weil hier viele lustige Menschen leben. Schon vor meinem Einzug hab ich mich ja in die Wohnung verliebt, so eine alte Stadtwohnung. Mit Einbauschränken, Stukkatur, grossen Fenstern - welche dringend Vorhänge brauchen - Reminder an mich! Fazit: Toll! Inzwischen hab ich aber auch so einige meiner Nachbarn kennengelernt. Und ich muss sagen, die Gasse verströhmt - dank diesen Menschen - einen gewissen Charme. Und wenn man dann am Sonntagabend die Räucherstäbchen riecht, irgendwo ein Mann Arien singt, der Italiener seine Wäsche rausgehängt hat und langsam Ruhe einkehrt, dann fühlt man sich wie im mediterranen Süden...trotz Herbstwetter!


Da wäre der Musiker, der wirklich gut Gitarre spielt und mich - indirekt - animiert hat, auch wieder in die Saiten zu greifen. Mitten am Tag schmettert er mit seinem Instrument weltbekannte Riffs durch die Gegend, ich ich fühl mich wie beim Rockkonzert. Die Auswahl der Ladengeschäfte ist ebenfalls speziell: es gibt einen Tee- und einen Kornladen. Daneben ein Mal-Atelier, einen Handarbeitsladen, ein Akkupunkturstudio, einen Kunstraum und ein Kleidergeschäft der teureren Art. Die Ecke bildet das Gossip, seit Jahren eine Szenenkneipe, vis à vis das Restaurant Ticino - neu renoviert mit tollen Pizzas! Ebenfalls in der Gasse wohnt ein Schriftsteller, der inzwischen in der Werbung arbeitet. Ein stadtbekannter Stadtverbesserer, an dessen Fenster die uralte Fahne Helvetiens hängt - ja, zu der Zeit war Aarau noch Hauptstadt der Schweiz. Wenn es nach leckerem asiatischem Essen riecht, dann liegt das an den Uiguren, Flüchtlinge welche gerne laut die Musik ihrer Heimat hören und dazu kochen. Ich hoffe, die laden mich mal ein. Ebenfalls haben wir einen Taubenhasser zu bieten, er jagt und vergiftet und benässt Tauben, zwischenzeitlich redet er auch mit ihnen. Spannend auch die Kombination welche man durch ein Nachbarfenster entdecken kann, zwei Rocker im mittleren Alter - schwerstens tätotwiert -, zusammen mit ihren - vermutlich - Eltern, im gesetzten Alter. Da wird dann schon mal Nella Martinetti gehört und mitgesungen. Wesentlich ruhiger ist die Psychischwester aus Königsfelden, welche immer freundlich grüsst und ihren Joint durchs Fenster raucht.

Natürlich gibts auch viele bekannte Gesichter, so läuft mir fast jeden Tag die kleine Schwester meiner ehemaligen Kollegin aus der Berufslehre über den Weg. Ebenso die Exfreundin eines guten Freundes. Ganz zu schweigen von rund 3 Barkeepern, welche ebenfalls in der Gasse wohnen und mir hier und da bei ihrer Arbeit hinter dem Tresen begegnen. Warum ich diesen Text aber gerade heute schreibe, hat einen besonderen Grund: in der Milchgasse wohnt nämlich auch noch ein Opernsänger. Der hat gestern Abend geübt und ich muss sagen, der kann was. Entsprechend bin ich schon ganz gespannt auf die nächste Staffel von Supertalent - oder wie die Sendung mit DJ Bobo beim SF hiess. Der Milchgasse-Pavarotti gewinnt, ganz bestimmt. Lustig übrigens auch mein Vermieter, welcher mir am Freitagabend mit einem kurzen Besuch - ganz egal ob ich selber zu dem Zeitpunkt schon Besuch hatte - mitgeteilt hat, dass am Samstag um 7 Uhr die Bauarbeiter im Stock oberhalb von mir anfangen, den Boden raus zu reissen. Tiptop! In die zweite Etage zieht übrigens Anfang September eine Frau ein, laut Vermieter in meinem Alter und passend zu Musiker ganz oben und mir. Schaun mer mal. 


Tja und sonst? Das Stadtleben bietet mir bislang nur Vorteile. Klar, Erlinsbach war auch nicht ab der Welt. Aber so mitten drin im Kuchen ist eben schon nicht schlecht. So haben wir heute Abend spontan ein Public Viewing für den FC Aarau Match organisiert, dafür öffnet die Garage am Kirchplatz extra ihr Tor. Ansonsten hab ich an dieser Stelle grad nichts mehr zu erzählen, was euch alle was angehen könnte. Nur soviel: es geht mir gut!

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