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21. Februar 2012

7 Fragen, 7 Antworten: Eric Facon, Radiojournalist

Eric Facon, der Mann mit einer DER Stimmen beim Schweizer Radio. Seit 1991 beim Radio, inzwischen hauptsächlich auf dem Infosender DRS4 zu hören. Aber seine Stimme verwöhnt unsere Ohren auch weiterhin bei DRS2 und Drü. Vor gefühlten 432 Jahren hatte ich einmal das Vergnügen, mit Eric Facon eine Nacht in Mailand zu verbringen. Nein, nichts unseriöses. Die Plattentaufe vom Eros Ramazzotti war angesagt und zusammen mit ein paar Schweizer Musikjournalisten hatten wir Spass an der offiziellen Party und (fast noch mehr) im Hotel. Doch die Jahre zogen ins Land... aber durchzechte Nächte scheinen der Stimme von Mister Facon nichts anzuhaben. 

1. Eric, wirst Du eigentlich viel auf Deine Stimme angesprochen?

Eric Facon: Nicht mehr so häufig wie früher bei drs3. Aber, wenn ich dann meinen Namen sag, gibt es das schon, dass Menschen sagen, achja, dacht ich mir's doch

2. Du bist auf Facebook präsent, so wie viele Deiner Kollegen, was hat den Ausschlag gegeben, dass Du dich dieser Social Media Plattform geöffnet hast? 

Eric Facon: Kontakte knüpfen gehört mit zum Job. Und dann hab ich noch das kleine Label, das ich gerne auch auf diesem Weg promote.

3. Welchen Nutzen siehst Du in Facebook? Über welche Sachen nervst Du dich regelmässig?

Eric Facon: Es gibt Menschen, die einem wirklich alles mitteilen müssen. Aber wirklich alles. Dasselbe wie beim Natel.

4. Eric Facon, geboren in New York. In diesem Jahr wird der US Präsident gewählt. Nimmst du an der Wahl teil und für wen machst Du dein Kreuz?

Eric Facon: Obama. Das ist nun mehr eine Sympathiefrage als eine Wahl wegen seines grossartigen Leistungsausweises.

5. Auf DRS4 kümmerst Du dich um die Kultur, privat betreibst du ein Musiklabel. Wie steht es denn im Jahr 2012 um die Kultur in der Schweiz?

Eric Facon: Die Kultur hat durch den Umbau des Bundesamtes für Kultur und der Pro  Helvetia ein paar Baustellen. Im öffentlichen Raum wär ich froh um ein weniger elitäres Verhandeln der Kultur; das schadet vor allem. Kultur auf Augenhöhe begegnen, das wär das Ziel.

6. Welche Musik hörst Du privat?

Eric Facon: Pop Rock Funk Jazz Weltmusik Klassik - aber keinen Death Metal und keine Oper. Also ein paar Namen: Tom Waits, Joe Henry, Sam Cooke, Al Green, Salif Keita, Ojos de Brujo, Elbow, Eels, Beatles und ein paar andere mehr
  
7. Du bezeichnest Dich als Gernkocher, Gernesser und Gerntrinker. Bitte einen Rezeptvorschlag, inklusive Weinempfehlung:

Eric Facon: Also, Pasta con le sarde (Sizilien).
Schweinefilet an einer Sherry-Zimt-Sauce (Andalusien), dazu Spinatnudeln.
Und noch ein Earl Grey-Panna Cotta hinterher.
Der Weisswein: einen Riesling von Molitor aus Deutschland, rot: Amarone aus dem Valpolicella Barbera und Aglianico.

Eric, Danke für das virtuelle Gespräch. Auf dass wir Deine Stimme noch lange über die Sendemasten des Staatsfunks geniessen dürfen. 

25. November 2011

Monsieur Fischer trifft... Emil Steinberger

Die "Email-Interviews" sind hier im Monsieur Fischer Blog schon fast zu einer kleinen, aber feinen, Tradition geworden. TV-Stars und -Sternchen, BloggerInnen, SportlerInnen, PolitikerInnen - schon ein paar gute Gespräche kamen über diese Form zustande. Heute darf ich aber ein Email-Interview präsentieren, an welchem ich besonders grosse Freude habe. Es ist quasi ein Em(a)il-Interview, das virtuelle Gegenüber war nämlich kein Geringerer als Emil Steinberger. Der wohl bekannteste und vermutlich auch beste Komiker der Schweiz, ein nationales Kulturgut! Wer von uns kennt nicht seine berühmten Nummern, auswendig, versteht sich. Emil hat mir im Gespräch Fragen zum Thema Senioren und Internet beantwortet. Immerhin hat der gute Mann Jahrgang 1933 und ist fleissiger Gast bei Facebook oder betreibt eine tolle Homepage. 

Hier meine Fragen und die Antworten von Emil, man beachte insbesondere die allerletzte Antwort... 

1. Emil Steinberger, mit fast 5000 Freunden gehören Sie bei Facebook (und nicht nur da!) zu den beliebtesten Schweizern. Warum sind Sie bei Facebook? 

Emil Steinberger: So eine gewaltige moderne Einrichtung kann man nicht negieren. Zu den 5000 Freunden kommen noch über 5000 Fans, die sich scheinbar über mein Leben informieren möchten. Umgekehrt interessiert es mich auch was so Leute in ihrem Leben wichtig finden und mit ihnen Meinungen austauschen, das heisst also mit Menschen, denen ich sonst nie begegnen würden. 

2. Jahrgang 1933. Damit gehören Sie zur sogenannten Best Ager oder Silver Surfer Generation. Wie fühlen Sie sich unter all "den Jungen" bei Facebook? 

Emil: Alter spielt doch überhaupt keine Rolle, Gedankenaustausch kann immer interessant sein, unbeachtet des Jahrgangs. Bin froh, habe ich in deer Schule das Zehnfinger-System gelernt, Es hilft ganz gewaltig. 

3. Wie waren Ihre ersten Erfahrungen mit Facebook?

Emil: Am Anfang wollte ich allen eine Antwort geben, aber das raubte mir doch viel zu viel meiner Zeit. Es gibt Freunde oder Fans, die interessante Gedanken übermitteln, bei andern spürt man eine gewisse Scheu, mit dem Emil kommunizieren zu dürfen. Aber es bessert dann schnell, sobald ich ein normales Lebenszeichen gebe. Mich stört einwenig der Austausch im 
Schweizerdialekt, weil viele Deutsche  das gar nicht entziffern können. 

4. Welche Vorteile sehen Sie in den neuen Plattformen? 

Emil: Die Vielseitigkeit der Menschen ist schon sehr interessant, die man durch Facebook sofort spüren kann. Ich gönne es vielen Menschen, die abgelegen wohnen und fast keine Gelegenheit haben, Leute zu treffen um Gespräche zu führen. Facebook gibt denen wirklich ein Geschenk in die Hand. Ich hatte etwas Mühe, nachdem die 5000er Grenze erreicht war, 
die Leute auf die "Fan-Seite" zu bringen. Ich behandle beide Gruppen genau gleich, Freunde und Fan, kein Unterschied beim Facebook. 


5. Was gefällt Ihnen nicht bei Facebook? 

Emil: Facebook ist natürlich ein Zeitfresser. Sofort ist eine Stunde vorbei, man wird nervös, weil man so viel anderes erledigen sollte. Längere Zeit das Facebook zu ignorieren aus Zeitgründen, schmerzt auch, weil es fast unhöflich ist, Menschen lange Zeil kein Lebenszeichen zu geben. Das ist auch ungesund, dieser Schmerz.

6. Wie nutzen Sie das Internet sonst?

Emil: Korrespondenz, Interviews beantworten, Nachforschungen, Routenpläne mit Zeitangaben zu machen, Zeitungen lesen - es ist für mich eine ganz verrückte Einrichtung, ein technisches Wunder, es wird mir immer bewusst.

7. Zum Schluss ein kurzer Blick zurück, wie würde DER EMIL wohl auf so etwas wie Facebook reagieren? Er war ja teilweise schon mit dem Telefon, dem Telegraph oder am Postschalter überfordert...

Emil: Der "EMIL" würde vermutlich heute immer noch in den Erklärungen hängen bleiben, bis er jeden Satz verstanden hat. Internet für Dummies hat er schon dreimal durchgearbeitet, aber
hatte noch nie den Mut, den Compi einzuschalten, weil er immer noch glaubt, er könnte die falsche Taste drücken  und dann nicht mehr aus dem System rauskommen. Mit dem Tintenstrahldrucker will er nichts zu tun haben, nachdem er  gelesen hat, dass die  Düsen die die Farbe mit einer Geschwindigkeit von 54 km pro Sekunde rausschleudern und sofort trocken sind. Das hat mit Hexerei zu tun. Und kosten erst noch 39 Euro. 

Mit herzlichen Grüssen 
Emil Steinberger 

Danke und lieber Gruss zurück, Reto Fischer aka Monsieur Fischer


Dieses Interview unterliegt den gängigen Copyright-Bestimmungen dieses Blogs!

20. Juli 2011

"Der Grieche ist mein alter Ego"


Der Komiker Rick Kavanian spricht im Interview über seine späte Berufung zum Humor, die schwierigsten Dialekte und über seine Figuren Dimitri, Giagl und Jens, die mit ihm sein neues Soloprogramm Ipanema bestreiten. Ein Gespräch mit "dem Griechen".

Rick, deinen Namen kennen in der Schweiz wenige. Aber wenn man ein Foto von dir zeigt, heisst es sofort, ah, der Grieche aus der Bully-Parade! Ist Dimitri auch in deinem neuen Programm dabei?

Rick: Ja, sicher. Dann der Giagl (bayert mit tiefer Kehlenstimme). Friher, der Giagl hat für sich immer behauptet, er is der Tourmanager vom Razinger Joe in Rom. (plötzlich in tuntigem Singsang) De Schrotty is mit dabei. De Schrotty hat au ein bissl was zu erzählen er war mit auf dem Traumschiff. Dann wer is noch? Ah, de Jens!
(sächselt), de war ja auch im Traumschiff mit dabei, diesmal allerdings begleitet der
Jens die Cameldame Conny aufm Flug. Ich mach mal ne kurze Pause. Nicht dass
die Leute denken (schweizert extra langsam) Ich hab den falschen Sender erwischt.

Du bist nicht nur Komiker, sondern vor allem Schauspieler. Hilft dir das auf der
Bühne?

Rick: Ich glaube schon. Gerade in der Bully-Parade am TV war ja immer sehr viel
Kostüme, Maske, und natürlich Teamarbeit. Auf der Bühne steht halt nur Rick, im
Polohemd, Jeans und Turnschuhen. Keine Kostüme, keine Requisiten, keine
Masken. Und da steht man dann doch plötzlich sehr nackt da. Gut, in den Rollen ist
schon Schauspiel drin. Mittlerweile spreche ich auch mal ganz normal. Der Rick
selbst hat auf der Bühne mehr zu sagen als früher.

Verschiedene Figuren bleiben dir im neuen Programm treu. Was erleben sie?

Rick: Die Mutter vom Griechen, also vom Dimitri, die cheiratet am Strand von
Ipanema, zum siebte mal. De Dimitri ist Trauzeuge. Und de Dimitri hat auch Tickets
besorgt für seine besten Kumpel, also für den Rick, und für Giagl. Und ehm, der
Grieche war ein bisschen gutgläubig. Am Flughafen stellt sich heraus, dass das
Flugzeug einen Steinschlag in der Windschutzscheibe hat. Deshalb zieht sich der
Abflug eine Weile hin und der Grieche kommt ins Schwitzen. Weil wenn i nicht
rechtzeitig auf der Hochzeit von meiner Mutter erschein, meine Mutter köpft mich,
schmeisst mein Kopf ins eigene Gesicht, das will kein Mensch erleben. Und am
Flughafen kommt dann mal ein chinesischer Schönheitschirurg vorbei, der ihnen
Botox verkaufen möchte. Oder die Klitschko-Brüder.

Wieviel Zeit gibts du dir im Stück, um zu improvisieren?

Rick: Ipanema ist schon ein Stück. Aber je mehr der Rick durchkommt, desto mehr
erlaube ich mir, mit dem Publikum in Interaktion zu treten. Wenn irgendwer
irgendwas rein ruft, dann rufe ich zurück. Gerade wenn es um lokale Dinge geht. Die
Schweiz ist ja Neuland für mich und ich freue mich über alles, was ich hier lernen
kann.

Hat es mit deinem Werdegang als Schauspieler und Sprecher zu tun, dass du
auch auf der Bühne Erfolg hast?

Rick: Das kann sein. Ich hab erst im Schauspiel der Sprache und der Stimme
vertraut. Das ist vielleicht der Rick-Approach. Bei mir funktioniert sehr viel über
Sprache, über Herkunft, über Dialekt, über Mundart, über Migration auch, das ebnet
mir meinen eigenen Zugang zum Humor.

Was ist spannender für dich, TV-Sketche oder Bühnenshows?

Rick: Ehrlich gesagt ist es der Mix. Ich bin wahnsinnig gern solo auf Tour. Ich freu
mich allerdings auch, wenn ich mal einen Kinofilm machen oder etwas
synchronisieren darf. Für mich ist es der Wechsel zwischen den Welten.

Wie wurdest du eigentlich zum Meister der Dialekte?

Rick: Das ist familiär bedingt. Meine Vorfahren sind ja Armenier. So bin ich zuhause
mehrsprachig gross geworden. Bei uns zuhause war Sprache so: Man fängt den
Satz in armenisch an, dann spricht man deutsch, bayrisch, englisch, dann ruft der
französische Cousin aus Paris an. Es ist immer so ein Kudelmudel. Und ich lieb das,
ich hörs gerne. Sprache ist ein schöner Zugang zum Menschen und zur Kultur.

Der Grieche hat den gleichen Hintergrund wie du?

Rick: Der Grieche ist ein real existierender Freund von mir, der auch Dimitri hiess.
Mit dem habe ich damals Basketball gespielt. Das Lustige bei dem Original-Dimitri
war: Der hat sich immer über Schiedsrichter-Entscheidungen aufgeregt. Immer wenn
er Foul gepfiffen bekommen hat, hat er gesagt: Was soll das Freunde, was ist hier
Foul, pfeifst du Foul weil ich Grieche bin?! Der echte Dimitri war aber auch ein sehr
grosser Optimist, deswegen spiele ich den auch so gern. Der Grieche ist immer gute
Laune, egal was passiert. Ein bisschen Uso-Schorle, und dann passt das.

Den Griechen lebst du nun schon seit Jahren. Fühlst du dich schon wie ein
Grieche, wenn du in die Figur schlüpfst?

Rick: Der Grieche ist wirklich mein Alter Ego. Also ich kennte jetz mit dir das
Interview genau so führen, auf griechisch sozusagen. Irgendwann hat mans drauf
und das ist dann normal. Wenn du mich in der Nacht anrufst und fragst: Dimitri, was
ist los, soll ich zum Radio kommen? Kein Problem. Das geht in Fleisch und Blut über,
manche Figuren sind wirklich, ja die sind einfach in einem drin. Andere Sachen,
wenn ich die länger nicht mach, muss ich mich so ein bissrl einsprechen.

Welcher Dialekt ist denn für den Meister des Dialekts der Schwerste?

Rick: Kölsch liegt mir nicht. Oder Ruhrpot - schwierig. Bayrisch ist einfach, da bini ja
gross gworden. In München is ja normal, das me so redet. Irgendwann sprechen die
Leute rund herum so und da spricht man halt selber äh eso. Hamburg dagegen, des
ist denn au so ne Sache, dann fällt man auch mal raus. Wenn ich das lange nicht
mehr gemacht habe, merkt man das so an der Zunge.

Und wie geht’s mit Schweizerdeutsch?

Rick: (schweizert langsam aber nicht untreffend) Es ist schwierig aber ich bemühe
mich. Wenn ich Schweizerdeutsch spreche habe ich das Gefühl ist es immer so wie
bei einem Schweizer, der versucht Hochdeutsch zu reden. Das ist meine Ausrede.
Vielleicht tolerieren sies. Aber ich bin noch Azubi, also in der Lehre.

Rick Kavanian (40) ist in München aufgewachsen. Als Schauspieler und Komiker wurde er
über die Bullyparade am TV und Filme wie Der Schuh des Manitu (2001), (T)Raumschiff
Surprise (2004) oder Otto’s Eleven (2010) bekannt. Er spielt sein neues Solo-
Bühnenprogramm Ipanema am Freitag, 21. Oktober 2011 im Rahmen der Soorser Comedy
Täg im Stadttheater Sursee. Infos und Tickets: www.comedysursee.ch

25. März 2011

Sag mal, kennst Du Anna Schaffelhuber?

Nicht? Komisch. Aber jeder kennt Maria Riesch, Didier Cuche, Lindsey Vonn, Lara Gut oder Dominique Gisin. Dabei ist Anna Schaffelhuber mindestens genau so erfolgreich wie die eben genannten SportlerInnen. Bei gewissen Vergleichen sogar noch erfolgreicher. Nur, Anna Schaffelhuber hat im Gegensatz zu Riesch und Co. ein Handicap: sie ist seit ihrer Geburt gehbehindert und sitzt im Rollstuhl. Im Interview mit dem Monsieur Fischer Blog erklärt sie, warum es manchmal nervt, dass die Leistungen der Behindertensportler oft nicht so belohnt werden, wie andere Rekorde und Medaillen...

Der aktuelle deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière schrieb vor wenigen Tagen "Glückwunsch an Anna Schaffelhuber zum Gewinn der drei Weltmeistertitel in der Abfahrt, in der Superkombination und im Riesenslalom..." . Anna, wie fühlt es sich an, solche Post zu kriegen?

Ja, es fühlt sich wirklich sehr gut an zu wissen, dass die Leistung auch auf dieser Ebene Beachtung findet. Ich freue mich einfach, dies erreicht zu haben.

Seit den (par)olympischen Spielen Vancouver liest man Schaffelhuber hier und Schaffelhuber da. Für Nichtkenner des Behindertensports bist du quasi aus dem Nichts aufgetaucht. Wieviel Arbeit stand vor all diesen Erfolgen?

Es stand sehr sehr viel Arbeit davor. Ich habe wirklich in jeder freier Minute trainiert und alles andere hinter den Sport gestellt. Für mich war und ist es das wichtigste weiter zu kommen und diesen Sport zu betreiben. Und ich bin froh, dass sich das auch gelohnt hat und es wert war.

Du bist 18 und seit deiner Geburt gehbehindert, im Winter feierst sportliche Erfolge und auch schulisch läufts, Du stehst kurz vor dem Abi. Gab es trotzdem Zeiten wo du dich benachteiligt gefühlt hast?

Nein, im Wesentlichen nicht. Das einzige was man hier nennen könnte, wäre die bauliche Barrierefreiheit. Wenn man in öffentliche Gebäude wie z.B. in die Stadtbank oder zum Bäcker nicht reinkommt ist das schon ein sehr unschönes Erlebnis, was eigentlich ohne viel mehr Aufwand nicht sein müsste.

Wie bringt man eigentlich Spitzensport, Freizeit und Schule unter einen Hut? Ich stell mir das vorallem während den Wintermonaten ziemlich stressig vor...

Ja, das ist es auch. Freizeit steht auf jeden Fall hinten an. Ansonsten lerne ich mir alles selbst. Mit viel Disziplin funktioniert es. Aber es ist sehr sehr viel harte Arbeit.

Warum gerade der Skisport?

Weil Skisport einfach pure Freiheit für mich bedeutet und ich seit dem ich 5 Jahre alt bin einfach richtig viel Spass daran habe.

Und woher kommt die Lust auf Speed Disziplinen?

Das bedeutet Geschwindigkeit und Freiheit. Es beflügelt einfach und macht total viel Spass.

Du bist im gleichen Nationalteam wie die Weltcup Gesamtsiegerin Maria Riesch. Kommst ebenfalls aus Bayern, gibts Kontakte zu den Kollegen aus der nicht behinderten Ski-Szene?

Ja das gibt es. Man trifft sich zum Beispiel beim Training im gleichen Skigebiet oder auch bei verschiedenen Ehrungen. Somit sind wir auch bekannt miteinander.

Anfang April wirst du noch an den Schweizer Meisterschaften in St. Moritz teilnehmen. Zwei Fragen dazu: kennst du Silvano Beltrametti persönlich und welche Chancen rechnest du dir aus?

Ehrlich gesagt kenne ich ihn nicht persönlich. Es ist leider wg des Abitur auch noch nicht hundertpro sicher,dass ich nach St. Moritz fahre. Ich fahre dieses Wochenende nach Cortina zur Italienischen Meisterschaft. Ob ich dann nächste Woche noch fahre, ist noch nicht sicher. Ich zähle in St. Moritz wie auch in Cortina allerdings zum Favoritenkreis.

Du hast in den letzten 2 Jahren sehr viel erreicht, viele Auszeichnungen geholt. Was sind deine sportlichen Ziele?

Zunächst einmal gilt es, sich weiter an der Spitze zu etablieren und die Titel bei der nächsten WM 2013 zu verteidigen. Und für Sotchi 2014...eine Goldene bei Paralympics fehlt mir ja auch noch... :)

Und privat, da soll ein Jurastudium geplant sein. Warum gerade Jura?

Weil es mich schon immer sehr interessiert und mir Spass macht.

Wie siehst du die Akeptanz gegenüber Behinderten - heute 2011 in deiner Generation?

Wir werden genauso gleichwertig wie alle anderen anerkannt. Die Integration und auch die Vertretung in den Medien wird immer besser. Allerdings muss noch ein sehr großer Schritt in Sachen Medienaktivität und weitere Gleichberechtigung (wie z.B. bei Medaillenprämien usw.) getan werden. Auch wie oben angesprochen ist die bauliche Barrierefreiheit noch sehr im Rückstand.

Nervt es nicht manchmal dass du den gleichen Aufwand betreibst wie nicht behinderte Sportler, grosse Erfolge feierst - dann aber im Vergleich nur einen Bruchteil an Sponsorengeldern und TV-Minuten erhälst?

Ja, das nervt sehr. Wir haben auch einen sehr sehr großen Aufwand. Es gibt nur einen Unterschied... Wir haben zusätzlich zu dem Sport im Gegensatz zu den Nichtbehinderten die Schule u Arbeit zu managen!! Wo ist da die Fairness??

Zur Person:  Anna Schaffelhuber ist am 26. Januar 1993 geboren und 1,50 m gross. Sie hat zwei Brüder und wohnt mit ihrer Familie in Bayerbach, rund 50 Kilometer von Regensburg entfernt. Nach dem Abitur strebt sie ein Jura-Studium an. Die Musik ist eines der Hobbies der 18jährigen, wenn mal ein bisschen Zeit bleibt. Sie spielt Querflöte. Ihr Lieblingsland ist Neuseeland.

17. März 2011

"Es ist wie die Hölle dort im Norden!"

Sagt die in Tokio wohnhafte Schweizerin Abigail Terrien-Taugwalder. Die Geschäftsfrau und Mutter mit Aarauer Wurzeln äussert sich sich in einem Interview mit dem Monsieur Fischer Blog zur aktuellen Situation ihrer Familie und der Menschen in Japan. Wir im sicheren Europa hören und lesen seit einer Woche Tag für Tag widersprüchliche Nachrichten, vor allem im Bezug auf die atomare Bedrohung. Dabei vergessen wir manchmal ganz, dass Japan mit all seinen Menschen schon alleine durch das Erdbeben und den grässlichen Tsunami arg gebeutelt wurde.

Hallo Abi. Wie geht es dir und deiner Familie? 

Abigail Terrien: Wir sind gestern nach einem 24 Stunden Trip in Bangkok bei meinem Bruder angekommen - ausser dem Stress und der Ungewissenheit geht es uns gut. Danke! Wir machen uns aber Sorgen um unsere Freunde. Die Japaner sehen das alles ganz anders, meine Freundin zB schickt ihre Tochter immer noch zur Schule. Wir schauen was wir tun - jetzt sind wir erst einmal in Sicherheit - dann schicken wir die Kinder vielleicht in die franzoesische Schule in Bangkok, die nehmen alle Kinder von der franzoesischen Schule in Japan auf. Oder wir fliegen zurueck nach Europa.

Wie hast du den Tag des Erdbebens und des Tsunamis erlebt? 

Ich war in Tokyo in meinem Buero und hatte einen Verkauf mit Freunden.  Zuerst dachten wir "Okay ein Erdbeben, wir sind es uns gewoehnt!" Dann schauten wir uns gegenseitig an und stuermten unter die Tuerrahmen, wo es sicher sei. Aber es dauerte zu lange dieses Erdbeben! Wir evaquirten das Gebaeude, rannten drei Stockwerke runter.  Alles bewegte sich: parkierte Autos, elektrische Kabel ueber unseren Koepfen. Als es kurz vorbei war blieben wir alle draussen, noch mehr Erdbeben ereigneten sich. Nicht so heftig wie das erste Beben.  Mit meiner Freundin, die bei mir Einkaufen war, sprangen wir in mein Auto, ab Richtung Schule. Normalerweise ist diese 20 Minuten entfernt, dieses mal dauerte der Weg eine ganze Stunde. Immer wieder Erdbeben, wir fuhren ohne Sicherheitsgurt für den Fall dass  wir rausspringen müssten und mit den Fenstern offen um mit der Natur in Kontakt zu bleiben. Frische Luft um in der Hektik klar zu denken: Feuerwehr, Ambulanz, Stau.. Wir parkierten unser Auto irgendwo in der Naehe der Schule und rannten, um unsere Kinder (gluecklicherweise alle noch in einem Stueck) in unsere Arme zu nehmen! Viele Menschen hatten jedoch keine Transportmöglichkeit mehr und mussten in der Schule schlafen oder stundenlang zu Fuss nach Hause laufen. Ich nahm darum eine Freundin, die 2 von ihren 4 Kindern bei sich hatte, mit zurueck ins Zentrum, zu meinem Buero wo ich meinen Mann treffen sollte. Die Freundin wohnt zwei Minuten entfernt - wir brauchten an diesem Tag drei Stunden!! Die Kinder waren die ganze Zeit froh, denn sie hatten ja Freunde bei sich und konnten in der Zeit spielen: das tat auch uns gut! Aber meine Freundin konnte ihre zwei aelteren Toechter nicht erreichen. Kein Telephon ging, Twitter und Facebook waren die einzigen Kommunikationsmoeglichkeiten. 

Es gibt bis heute immer wieder Nachbeben, registriert ihr die bei euch in der Hauptstadt? Wie ist allgemein die Stimmung bei den Menschen? 

Meistens sind es Nachbeben, die sind normal nicht mehr stark. Es kommt aber sehr drauf an wo man wohnt. Unser Quartier zum Beispiel ist safe, denn es ist auf Felsen gebaut. Aber alle Leute haben trotzdem Angst, dass es noch schlimmer kommt... In den Laeden sind inzwischen Wasser und Essen ausverkauft. Was man sagen kann, die Stadt ist zu ruhig, viele Bewohner gingen zu ihren Eltern Richtung Sueden.

Bei uns hört man viele widersprüchliche Infos zu den AKWs in Fukushima. Welche Informationen habt ihr? 

Als Auslaender hier bekommen wir regelmaessig Informationen, vorallem von der franzoesischen Botschaft, die auf ihrer Webseite regelmässig Neuigkeiten bringt. Heute habe ich auch von der Schweizer Botschaft ein PDF gekriegt, um mein Iodine abzuholen... Man muss alles in allem die japanische Kultur verstehen, de Regierung wird keine Andeutungen machen, sondern nur die Informationen rausgeben, die auch kontrolliert sind. Es waere eine Katastrophe wenn die ganze Stadt hysterisch reagiert ! Unmoeglich!

Wie ist die Stimmung in Tokio? Hattest du Kontakt zu Menschen im Norden des Landes? 

Meiner Freundin im Norden geht es gut, in der Zwischenzeit hat sie auch ihre Brueder, Eltern und Grosseltern gefunden, die in dem Katastrophengebiet umgesiedelt wurden. Aber jetzt sind alle unsicher wegen den radioaktiven Wellen! Ohne diese waeren wir alle jetzt im Norden um den Menschen zu helfen. Aber es ist zu unsicher, ein zu grosses Risiko!

Viele Europäer verlassen aus Angst das Land...

Ja viele sind weg, so wie wir. Verbunden übrigens mit ungeheuer hohen Reisetarifen! Es ist wirklich schrecklich, dass die Fluggesellschaften nichts unternehmem um ihre Leute da raus zu holen. Denn nicht alle haben genug Geld um sich ein Flugticket zu kaufen. Auch wann man nur in den Sueden gehen moechte, der Shinkansen kostet viel!!! Osaka und Kyoto sind zum Beispiel safe - Momentan!  Wir haben Freunde die zurueck nach Paris geflogen sind Andere nach HK, Singapor, nach Shanghai, Hawaii, Bangkok, Australien oder NZ. 

Was erwartest du für die nächsten Tage? Die Lage erscheint von hier aus unübersichtlich und beängstigend... Erhöhte Strahlumg, bricht Panik aus..

Wir erwarten gar nichts!  Wir spenden und beten fuer die Leute in Japan. Was wir am meisten hoffen ist, dass die Atomanlagen schnell unter Kontrolle kommen, mit Hilfe all der Spezialisten die von der ganzen Welt einfliegen. Sodass wir bald wieder nach Hause koennen. Hier noch ein Link wo das Ganze besser erklaert wird und vielleicht sorgen die auch Medien fuer noch mehr Rummel.

In der Schweiz (und dem Rest der Welt) finden Mahnwachen, Sammelaktionen, Gottesdienste etc statt. Kriegt ihr das mit bzw wie kann man von hier aus überhaupt helfen? 

Beten ist gut, aber bringt Japan nichts. Was sie jetzt brauchen ist Geld, um mit der ganzen Situation klar zu kommen, Darum: Spenden ist das Beste, auch wenn es nur wenig ist. Denn, es ist wie die Hoelle dort im Norden! Die Leute die da gewohnt habem waren meist Bauern und Fischer. Sie haben nichts mehr, gar nichts mehr! (Anmerkung der Red: In der Schweiz kann man auch über die Glückskette für Japan spenden!!)

Danke für das Gespräch, Abi. Alles Gute und toi toi toi für die nächste Zeit - dir, deiner Familie und deinen Freunden!



Hinweis: Das Interview wurde aufgrund der beschränkten Telekommunikationsmöglichkeiten in schriftlicher Form aufgezeichnet, original wiedergegeben und unterliegt den üblichen Copyright-Bestimmungen.

18. Februar 2011

Pascal, 18 Jahre: Lebensmut trotz(t) Behinderung

Epidermolysis bullosa klingt wie der Name einer finnischen Black-Metal-Band, ist aber eine Krankheit. Die Betroffenen sind als sogenannte "Schmetterlingskinder" bekannt. Im Gegensatz zu einem Schnupfen geht diese Krankheit nicht einfach nach ein paar Tagen Bettruhe wieder weg, nein - ganz im Gegenteil sogar, die Heilungschancen für die betroffenen Patienten sind nach Angaben der Experten zum aktuellen Zeitpunkt äusserst gering. Im Internet ist mir während den Winterspielen von Vancouver ein junger Mann aufgefallen, der an Epidermolysis bullosa erkrankt ist. Pascal ist 18 Jahre alt, kommt aus Dresden und ist in Sachen Social Media ein absoluter Fachmann: Facebook, Internetseite, Twitter, iPad... alles am Start. Er hat sich bereit erklärt, mir ein paar Fragen zu seinem Leben mit der sehr seltenen Krankheit zu beantworten.

Epidermolysis bullosa kann jeder bei Google nachschauen, du bist davon betroffen. Schildere doch in deinen Worten, was sich hinter diesem komplizerten Fachausdruck verbirgt?

Pascal: Epidermolysis Bullosan (EB) ist lateinisch und heißt eigentlich übersetzt "Hautablösung durch Blasen". So ist es auch. Ich bekomme sehr schnell durch Druck oder Reibung an der Haut Blasen. Dies kann am ganzen Körper passieren. Auch innerlich, die Schleimhäute sind betroffen. Deswegen habe ich auch Probleme mit dem Essen und kann größtenteils nur fein pürierte Nahrung zu mir nehmen. Die Blasen müssen regelmässig geöffnet werden. Meist entsteht dann eine offene Wunde. Bis diese zugeheilt ist dauert es sehr lange. Auch das liegt an EB. Wegen den Wunden muss ich (fast) am ganzen Körper Verbände tragen. Wenn die Wunden heilen entstehen dann Narben. Deswegen sind meine Hände auch zusammengewachsen und ich kann nur noch den Daumen (halbwegs) frei bewegen. Das gleiche gilt für die Füße.

Und warum Schmetterlingskinder?

Weil unsere Haut so dünn wie die von Schmetterlingen ist.

Wie es es denn bei alltäglichen Sachen für dich mit diesem Handicap, zum Beispiel jetzt dieses Gespräch wo du viel tippen musst. Bereitet dir das Mühe?

Pascal: Das werde ich immer wieder gefragt. "Wie schaffst du es so schnell zu tippen?" oder so. Jetzt im Moment bin ich am iPad. Welches mir mein Leben sehr erleichtert. Ich bin froh das ich es habe. Durch die Touch Technik kann ich z.B. Zeichnen, was ich sehr gerne mache. Sonst habe ich noch ein MacBook. An dem habe ich meine eigene Technik zum Tippen, wo immer alle staunen. Deswegen ist das alles eigentlich kein Problem für mich.

Was sind dann konkret die Sachen, die dich anstrengen im Alltag, ich denke Waschen oder Anziehen sind bestimmt eher mühsam?

Pascal: Es beginnt eigentlich schon früh, nach dem Aufstehen mit dem Gang zum Klo, der mir schwer fällt. Aber ich will so lange es noch geht versuchen, diese Strecken die ich kann, zu laufen. Dann geht es weiter mit Frühstück. Wie schon gesagt, kann ich nicht alles essen und muss wegen meinem Hals aufpassen und sehr gründlich kauen. Was sehr anstrengend und nervig ist. Wie gerne würde ich mal ein Brötchen oder so frühstücken. Auch sehr anstrengend ist - nicht nur für mich sondern auch für Mama - der Verbandswechsel. Dieser ist meist mit Schmerzen verbunden und nimmt viel Zeit in Anspruch. Dinge wie Waschen etc. gehen gar nicht. Also Duschen meine ich. Wegen den Verbänden. Ich mache immer so ne Art Katzenwäsche und ab und zu in die Wanne.

Du hast geschrieben, dass du "so lange es noch geht" Strecken absolvieren möchtest. Wie sind denn die Prognosen für dich und deine Krankheit?

Als ich geboren wurde meinten die Ärzte in acht Jahren gäbe es etwas gegen EB, mit 8 Jahren meinten sie dann mit Zehn und so geht das immer weiter -  bis heute. EB kann eh nie geheilt werden bei mir, da es ein Gendefekt ist. Wenn, dann bei zukünftigen Generationen. Aber zurück zu "so lange es noch geht": Dadurch dass ich nicht viel machen kann, habe ich sehr schwache Muskeln. Das behindert auch sehr. Und natürlich wird es nicht besser. Wenn ich zurückblicke ist es von Jahr zu Jahr schlimmer geworden. Das Durchschnittsalter liegt bei EB Patienten bei 30 Jahren. Deswegen möchte ich eigentlich (so lange es noch möglich ist und ich es kann) was erleben und Spaß haben.

Du hast vorhin auch das Essen angesprochen. Püriert. Nun, ich stelle mir vor auf Dauer ist das irgend einmal auch langweilig. Wie gehst du damit um? Gönnst du dir auch manchmal etwas Leckeres?

Pascal: Püriert essen heißt nicht, dass es nicht lecker ist. Meine Mama ist eine ausgezeichnete Köchin, finde ich. So gesehen kann man alles pürieren. Somit kann ich immer das essen, was ich gerade will. Halt nur dass es sehr fein ist wie Brei. Natürlich habe ich auch oft Lust auf Pizza oder was von McDonalds. Dann wird halt mal eine Pizza gekauft, wo ich dann allerdings nur 2-3 Sück davon esse. Mehr geht einfach nicht. Oft reicht dann der Geschmack schon und ich bin zufrieden.

Okay. Würdest du dich selber als "behindert" bezeichnen, also durch deine Krankheit handicapiert?

Pascal: Jein! Ein guter Freund sagte mal "Man ist nicht behindert, sondern man wird behindert!", aber es gibt so viele Dinge die ich nicht kann. Das muss ich leider jeden Tag aufs Neue spüren. Daran merke ich, dass ich eben schon behindert bin. Doch ich bin zum Beispiel sehr offen im Netz unterwegs. Was viele erstaunlich finden, dass ich damit so offen umgehe. Aber das mag ich halt. Ich möchte aufklären und zeigen das ich eigentlich ganz cool bin und "Behindert" nicht gleich dumm im Kopf heißt.

Das klingt alles nach sehr vielen Einschränkungen. Welche Dinge des "normalen" Lebens vermisst du am meisten? Sport, Freundin, Konzerte, Job? Oder anders gefragt, wie verbringst du deine Zeit?

Der Job ist bei mir ein sehr heikles Thema. Ich hatte meine Schule abgebrochen um eine Jobchance wahrzunehmen. Doch die künftigen Chefs hatten sich dann ziemlich übernommen und waren zu blauäugig. Nach einem Monat war der ganze Spaß leider vorbei. Mein letzter Versuch einen Job anzufangen hat auch nicht geklappt. Obwohl ich hätte zu Hause arbeiten können. Doch das war alles so viel Stress, alleine nur das Vorgeplänkel, das habe ich psychisch nicht ausgehalten und musste abrechen. Was auch sehr schade ist.
Zur Zeit vermisse ich am meisten eine Freundin. Es ist sehr schwer für mich eine Frau kennen zu lernen, da ich ja nicht einfach mal in die Disco oder so kann. Auf Konzerte gehe ich eigentlich sehr oft. Ich brauche nur eine Begleitperson und einen Platz für Behinderte. Wenn es keinen gibt, kümmer ich mich, dass einer organisiert wird. Ich will ja meine Lieblingsbands auch mal live erleben. Ich bin ein grosser Eishockey- und Wrestling Fan. Eishockey würde ich selber gerne spielen wollen. Leider geht das nur auf der Playstation 3. Einer meiner Träume ist es einmal bei Wrestlemania live dabei zu sein, das größte Wrestling-Ereignis des Jahres. Aber das ist ja immer so weit weg und auch etwas teuer mit Flug in die USA und allem drum und dran. Veranstaltungen hier in Deutschland gibts auch, das sind Revange-Kämpfe, nach der eigentlichen Veranstaltung in den USA. So eine hier in Deutschland habe ich schon mal besucht. War echt super und würde ich sehr gerne wieder machen. Aber ich gönne mir immer die Live Events mitten in der Nacht auf Sky!

Nun, es gibt ja in Europa scheinbar nur etwa 30'000 Menschen mit dieser Krankheit. Hast du Kontakt zu anderen Betroffenen? Gibts auch spezielle Ärzte oder Selbsthilfegruppen etc?

Pascal: Ja gibt es. Die IEB e.V. Debra. Die veranstaltet jedes Jahr ein Mitgliedertreffen und dort treffe ich dann auch betroffene Menschen. Leider sehe ich die nur an diesem einen Wochenende, da wir alle über ganz Deutschland verteilt wohnen und es somit schwer ist, sich untereinander zu treffen. Zu den Ärzten: Ja die gibt es. Und zwar in Freiburg. Ich kenne aber keinen von denen. Ich habe hier in Dresden meine Ärzte, denen ich vertraue. Ich lasse ungern neue Ärzte an mich ran, da die meist nicht genau wissen was ich brauche.


Mitglidertreffen, Ärzte in Freiburg, Wrestling in den USA... wie mobil bist du eigentlich?

Pascal: Sehr unmobil. Zum Klo und zurück geht allein. Alles weiter weg - also außerhalb des Hauses - ist für mich nur mit Hilfe zu erreichen. Jemand müsste mich im Rollstuhl schieben oder Mama muss mich im Auto fahren.

Das klingt für mich alles nach sehr vielen Einschränkungen. Du bist gerade mal 18 Jahre alt, im besten Alter. Wie kommst du damit klar, dass du diese Krankheit hast? Gibt es auch manchmal Tage wo du einfach keine Lust mehr hast auf alles?

Manchmal? Immer! Ich habe (auch wenn man es mir nicht so anmerkt) Depressionen und auch bestimmte Ängste. Ich hatte es auch schon mal mit einer Therapie probiert, doch das ist alles Schwachsinn. Eigentlich habe ich alles was ich will. Eine wundervolle Mama, die alles macht und tut, damit es mir gut geht, dazu jede Menge Technik-Kram. Doch ich schaffe es manchmal nur schwer, die guten Dinge im leben zu sehen.

Ich hätte so gerne eine Freundin, mit der ich was unternehmen könnte. Ich würde gerne mal nach Paris, London und Wien fahren. Doch all diese Wünsche sind für mich sehr schwer zu verwirklichen, da es ja eine körperliche Anstrengung für mich ist. Oder der erwähnte Wrestling Wunsch. Es besteht auch der Wunsch arbeiten zu können. Oder ich hätte so gerne für Mama und mich ein Haus, wo wir in Ruhe und ohne Stress leben könnten. Dort soll uns keiner stören.

Doch das sind alles Wünsche, die sich wahrscheinlich nie erfüllen werden. Ohne Arbeit kein Geld, ohne Geld kein Haus etc. Aber das mit dem Arbeiten geht einfach nicht, wenn es mich psychisch und physisch so kaputt macht. Da ist mir meine Gesundheit wichtiger. Ja... und wenn ich das dann sehe macht mich das traurig uns deprimiert mich.

Danke für das ehrliche Gespräch, Pascal. Die letzten Worte dieses Interviews gehören noch einmal dir. Bitte sehr!

Ja also, falls jemand ein Haus oder einen iMac zu verschenken hat ... Nee, nee war nur Spaß. Ich möchte mich bedanken, dass ich dieses Interview mit dir machen konnte. Vielleicht habe ich ja bei manchen Leuten das Interesse an der Krankheit EB geweckt. Vielleicht möchte sich auch jemand dafür einsetzen, was mich sehr freuen würde, da EB ja eigentlich sehr unbekannt ist. Und falls es noch Fragen geben sollte zu EB oder zu mir, dann darf man sich auch gerne an mich wenden!

Alles klar, nochmal Danke Pascal und alles Gute für die Zukunft!